13.09.2012

Weltreporter.net: ein soziales Netzwerk für Auslandskorrespondenten

Die Zeit der großen Gatekeeper ist vorbei. Das ist eine der vielen steilen Thesen, die seit Jahren im Netz zirkulieren. Vor allem, wenn es um die Einschätzung der    Veränderungen im Journalismus geht. Doch die Steilheit der These kann mit der Wirklichkeit oft nicht mithalten. Zwar gibt es hunderte Blogs und Podcasts, dazu tausende Netznutzer, die schon mal ein Video auf YouTube hochgeladen haben, doch die Zeiten der großen publizistischen Majors scheint dennoch nicht abgelaufen. Einer der Gründe sind ihre weltweiten Korrespondentennetzwerke. Doch auch für alle anderen publizistisch tätigen Institutionen gibt es seit einiger Zeit die Chance, „eigene“ Auslandskorrespondenten anzuheuern – temporär und themenbezogen. Das Netzwerk Weltreporter.net macht’s möglich. Thomas Reintjes, Autor der Kooperative Berlin, hat sich die Weltreporter angesehen.

Das Netzwerk Weltreporter.net ist ein exklusiver Journalisten-Club. Trotzdem können auch Nachwuchsjournalisten davon profitieren.

Gerade einmal 43 Journalisten sind es, die sich derzeit im Netzwerk Weltreporter.net zusammengeschlossen haben. Es könnten deutlich mehr sein, doch die Hürden für eine erfolgreiche Bewerbung sind hoch: Nur wer schon einige Zeit als Freier Journalist aus dem Ausland berichtet, gute Arbeit macht und den bestehenden Mitgliedern mit seinem Berichtsgebiet nicht in die Quere kommt, hat eine Chance, dass der Aufnahmeantrag angenommen wird.

„Diese Bedingungen erlauben eine große Offenheit untereinander“, sagt Geschäftsführerin Barbara Heine. Die Mitglieder des Netzwerks helfen sich gegenseitig mit Tipps, Ansprechpartnern und allem, was zu menschlicher Solidarität gehört. „Als Freier im Ausland kann man sich sehr verloren fühlen. Das Netzwerk steht für einen ein“, erläutert Heine. Das hat sich besonders bewahrheitet, als einer der Weltreporter während der Arbeit zusammengeschlagen und bei –25 Grad verletzt liegen gelassen wurde. Dank des Netzwerks musste er sich während seiner Genesung nicht vor dem wirtschaftlichen Ruin fürchten.

Im Alltag fungiert Weltreporter.net für die Mitglieder im Wesentlichen als Verkaufsförderer. Der Name des Verbands ist zu einer Marke geworden, deren Image sich auf die einzelnen Mitglieder überträgt. Alle haben sich auf Qualitätsstandards geeinigt. „Standorttäuschungen“ seien tabu, betont Barbara Heine: „Wir sitzen nicht im Hotelzimmer, sondern sind für unsere Reportagen wirklich vor Ort.“ Auch an gemeinsamen Projekten wird mit Hingabe gearbeitet. Das kann ein nettes Gimmick sein, wie der digitale Adventskalender mit O-Tönen aus der ganzen Welt, oder ein großes Projekt wie das Buch „Weltmacht Wasser“.

Anliegen von Weltreporter.net ist es, guten Auslandsjournalismus zu fördern. Sie referieren an Journalistenschulen, geben Statements zu Qualitätsfragen in der Auslandsberichtserstattung ab, beteiligen sich an Tagungen und planen auch gerade selbst ein öffentliches Symposium, das im Sommer 2013 in Berlin stattfinden soll. Am besten und regelmäßig lässt sich die Arbeit der Auslandsfreien in ihrem Blog beobachten. „Der gibt exklusive Einblicke hinter die Kulissen“, sagt Geschäftsführerin Heine. Und so lässt sich ganz gut von den Profis lernen, auch wenn sie sonst lieber unter sich bleiben.

http://www.weltreporter.net

Thomas Reintjes

  • Über Kooperative Berlin

    Die Kooperative Berlin ist ein Redaktionsbüro und Netzwerk für digitale Kulturproduktion. Unter anderem produziert die Kooperative Berlin den täglichen Netzreporter für Dradio Wissen und den wöchentlichen NetScout für Deutschlandradio Kultur, die Werkstatt - Digitale Bildung in der Praxis, das Montagsradio - Netzgespräche zur Zeitgeschichte u.v.a. Markus Heidmeier ist als Netzjournalist bei der Kooperative zuständig für digitale und zeitbasierte Medien, schreibt neben dem DRadio Wissen-Netzreporter unter anderem auch für ZEIT Online und gehört zum Redaktions- und Moderatorenteamteam von Breitband. Jochen Thermann ist als Autor und Dramaturg unter anderem für mehrere Theater, für DRadio Wissen und den Tagesspiegel tätig.

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