06.08.2013

Die ganz schnelle Leitung

In Deutschland gibt es nur 200.000 Haushalte, die über Glasfaserverbindungen ins Internet gehen. Wer kann, sollte sie bestellen, meint Ben Schwan, der die High-Speed-Anbindung im journalistischen Alltagseinsatz nutzen konnte.

Bochum hat’s gut. Wie ich gerade einem Blogposting entnehmen durfte, gibt es dort für vergleichsweise günstige 60 Euro im Monat seit kurzem 200 Megabit pro Sekunde im Down- und 100 Megabit pro Sekunde im Upload – per Glasfaseranschluss. Währenddessen krieche ich in Berlin-Mitte mit 16 Megabit pro Sekunde durchs DSL-Netz, weil die Telekom in meiner Gegend aus unerfindlichen Gründen nichts Schnelleres hinbekommt.

Nur knapp 200.000 Haushalte sollen hierzulande die Glasfasertechnik nutzen. Die Zahl ist im Vergleich zu anderen europäischen Ländern verschwindend gering. Und das ist enorm schade: Die Technik verändert die Netznutzung, wie ich in Skandinavien auf einer kleinen Insel (!) hautnah erleben durfte. Hergestellt wird die Anbindung dort von einem örtlichen Stromversorger, der sich als Internet-Anbieter ein ordentliches Zubrot verdient. In unserem Haus gab es zwei Parteien – um beide mit vollen 100 Megabit anzubinden, musste die Leitung nur von einem freundlichen Techniker „gesplittet“ werden. Das Glasfaserkabel landete anschließend in einem passenden Router, der die Lichtsignale in schnelles Internet umwandelte, das sich dann wiederum per Netzwerkkabel oder WLAN in der Wohnung verteilen ließ. Der Router verfügte außerdem noch über eigene Netzwerkanschlüsse für bis zu drei TV-Set-Top-Boxen, die das Glasfasernetz gleich mitnutzen durften – um eine Programmvielfalt zu garantieren, die – wenn man Lust hatte, die entsprechenden Pakete zu bezahlen – mit Sat-TV konkurrieren konnte.

Nach dem Anschluss folgte die erste Geschwindigkeitsprüfung. Die zeigte dann beispielsweise, dass ein 4 Gigabyte großer HD-Film aus Apples iTunes-Laden in etwas mehr als acht Minuten auf der Festplatte liegt. Zum Vergleich: Unter Idealbedingungen schafft das ein ADSL2-Anschluss mit 16 Megabit in knapp 40 Minuten. Natürlich lädt man sich nicht laufend haufenweise solche Riesenfilme herunter. In der Web-Praxis bedeutet der Glasfaser-Anschluss aber, dass der Flaschenhals stets im Netz und nicht auf Seiten des Kunden zu finden ist. Ist ein Server gut angebunden, rauscht das Web nur so über den Schirm. Eine Parallelnutzung durch mehrere Rechner ist überhaupt kein Problem mehr – und in HD ferngesehen wird natürlich auch ruckelfrei daneben. Videoanrufe und Internet-Telefonie laufen einfach so mit.

Das Faszinierende an der Glasfasererfahrung war für mich, wie normal das alles wurde – dass man eben nicht mehr auf irgendetwas warten musste. Im journalistischen Alltag während meines mehrwöchigen Aufenthalts war die hohe Upload-Geschwindigkeit hilfreich. So hatten ich nie Probleme, mich in bester Qualität in ein deutsches Hörfunkstudio einzuwählen, die Latenzen waren kaum zu vernehmen. Musste ich größere Fotosammlungen oder Videobeiträge hochladen, ging das ebenfalls verzögerungsfrei. Kein Wunder, dass ich beim Ende meines Aufenthalts Wehmut bekam. In Berlin ging das Internet dann wieder im gemächlichen Tempo weiter. Das war (und ist) kein Spaß.

Dieser Eintrag wurde veröffentlicht in: JOURNALISMUS & NETZ, JOURNALISMUS & TECHNIK, NEU

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