26.09.2013

Wie man aus einem Tablet ein vernünftiges Schreibgerät macht

Im harten journalistischen Alltag gelten Tablets nach wie vor als nicht professionell genug. Technikautor Ben Schwan prüft, ob es trotzdem geht.

ipad

Beispiel 1: iPad mini mit Ultrathin Keyboard Cover und Editorial

Das iPad ist und bleibt das klassische Tablet – und mit dem iPad mini hat Apple im letzten Jahr endlich auch ein Kompaktgerät vorgestellt. Vom großen iPad mit 10-Zoll-Bildschirm unterscheidet sich das 8-Zoll-Tablet durch weniger Gewicht, einen kleineren, aber dennoch gut ablesbaren Bildschirm und den mit 329 Euro aufwärts (mit Mobilfunkanbindung ab 459 Euro) für Apple-Verhältnisse vergleichsweise günstigen Preis.

Da es sich um ein ganz normales iPad handelt, steht auch das große Softwareangebot zur Verfügung, das man aus Apples hauseigenem Online-Laden kennt. Zur professionellen Tipparbeit gibt es entsprechend Dutzende, wenn nicht gar Hunderte Apps. Wir haben uns hier einmal Editorial der Berliner Softwareschmiede OMZ Software herausgegriffen. Der Grund: Neben allen Standardfunktionen für auch längere Texte lässt sich diese App enorm breit konfigurieren.

So kann man Kürzel setzen und sogenannte Workflows – zusammenklickbare Miniprogramme – nutzen, um ein Dokument für ein Redaktionssystem aufzubereiten. Die Tastatur ist einstellbar, um schnell Sonderzeichen aufzurufen. Für knappe 4 Euro 50 kann man eigentlich kaum mehr erwarten, zumal auch ein direkter Abgleich mit Speicherdiensten wie Dropbox eingebaut ist.

Und wie tippt man auf dem iPad mini vernünftig? Dazu sollte man sich am besten eine externe Tastatur gönnen. Zu den kompaktesten und trotzdem gut bedienbaren gehört Logitechs Ultrathin Keyboard Cover (80 Euro), das gleichzeitig als Schutzhülle dient. Die Tasten sind trotz der Anpassung an iPad mini-Maße noch vernünftig zu treffen und haben einen vorhandenen Druckpunkt.

Und zum Schluss noch ein Hinweis: Wer sich jetzt ein iPad mini zulegen möchte, sollte womöglich noch bis Oktober warten. Apple-Auguren schätzen, dass dann eine neue Generation des Tablets erscheinen wird – mit einem höher auflösenden Bildschirm, den Apple bereits beim 10-Zoll-iPad verwendet. Sinnvoll ist dieser sicherlich, zudem dürfte das Erscheinen einer neuen Generation dazu führen, dass die älteren Geräte billiger werden.

 

nexusBeispiel 2: Google Nexus 10 mit Sharon-Tastatur und Draft

Apples iPad dominiert zwar nach wie vor bei den Tablets, doch Googles Android-Betriebssystem holt wie schon bei den Smartphones mächtig auf. Lohnenswert ist hier stets, sich anzusehen, was der Suchmaschinenriese selbst in Zusammenarbeit mit Partnerfirmen fabriziert. Der Grund: Geräte aus der „Nexus“-Reihe sind sowohl hard- als auch softwaretechnisch zumeist auf dem neuesten Stand und erhalten zudem Updates schneller. Das ist insbesondere aufgrund der zunehmenden Datenschädlingsprobleme unter Android sehr wichtig.

Zu den aktuellen Nexus-Tablets gehört neben dem gerade erschienenen kleinen Nexus 7 der zweiten Generation auch das Nexus 10, das sich Google nach eigenen Vorgaben vom südkoreanischen Konzern Samsung zimmern ließ. Es ist mit 400 Euro in der WLAN-Version für ein 10-Zoll-Gerät mit guter Ausstattung ausreichend preiswert, hat einen guten Bildschirm und ist mit 600 Gramm auch nicht zu schwer.

Als Software für Vielschreiber ist das Tool Draft gut geeignet. Es bietet ein übersichtliches Interface und erlaubt ein Sortieren von Dokumenten in eine Ordnerstruktur, unterstützt den Textstandard Markdown für ein schnelles und einfaches Formatieren, schickt Texte auf Wunsch zu Dropbox und bietet einen Vollbildmodus, der bei längeren Tippsitzungen Ablenkungen fernhält. Draft akzeptiert außerdem Texte von anderen Anwendungen, die dort dann weitereditiert werden können, enthält einstellbare Farbschemata und durchsucht auf Wunsch den gesamten in der App gespeicherten Textbestand. Der Preis liegt mit 2 Euro sogar noch unter dem von Editorial.

Auch auf dem Nexus 10 tippt es sich schon wie beim iPad mini nicht besonders bequem auf Glas. Entsprechend sinnvoll ist hier ebenfalls der Kauf einer Tastaturhülle. Gut geeignet und vergleichsweise preiswert ist hier beispielsweise das 50 Euro teure Keyboard-Cover von Sharon. Es besteht aus Aluminium und Kunststoff und hat adäquat nutzbare Chiclet-Tasten. Nervig ist allerdings, dass auch in Deutschland eine QWERTY-Version, also im englischen Layout, verkauft wird.

 

surfaceBeispiel 3: Surface RT mit Type Cover und Office

Man kann Microsoft nur dafür danken, dass der Softwareriese aus Redmond mittlerweile auch ins Tablet-Geschäft eingestiegen ist – er sorgt neben den marktbeherrschenden Systemen von Apple (iOS) und Google (Android) für etwas Abwechslung. Sein Surface RT ist mit 329 Euro für ein 10-Zoll-Gerät erstaunlich günstig und liefert sogar noch ein Office Home-Büropaket mit.
680 Gramm sind zudem nicht viel Gewicht und die Hardware ist qualitativ hochwertig verarbeitet.

Wer sich für das Tablet interessiert, muss allerdings wissen, dass es nicht mit einem regulären Windows, sondern mit dem Tablet-Ableger RT läuft. Das heißt, dass bei weitem nicht alle PC-Programme auf dem Gerät nutzbar sind, sondern nur solche, die spezifisch für Microsofts Touch-Oberfläche („Modern User Interface“) angepasst wurden. Wer einen „richtigen“ PC möchte, muss das deutlich teurere (und schwerere) Surface Pro kaufen.

Trotzdem ist das Surface RT an sich kein schlechtes Gerät – insbesondere, wenn man es nicht als All-in-one-Tablet, sondern als Schreibwerkzeug nutzt. Dank Office ist keine zusätzliche Software notwendig, nur noch das knapp 130 Euro teure Type Cover sollte man sich gönnen, eine Mischung aus Tastatur und Bildschirmschutz. Darauf tippt es sich – im Gegensatz zu den berührungsempfindlichen Touch-Covern, die keine mechanischen Tasten haben – fast immer problemlos.

Ob man zum Surface RT greift, ist weitgehend eine Geschmacksfrage: Wer im Office-Universum bleiben möchte, findet sich hier gut zurecht, doch ist die Kacheloberfläche von Windows RT nicht für jeden geeignet. Ich für meinen Teil verbringe stets einige Minuten damit, mich an die Basics zu erinnern – beispielsweise, wo sich die Menüleiste mal wieder versteckt hat. Ist das einmal in Fleisch und Blut übergegangen, ist das Surface RT eine kostengünstige Alternative für Individualisten. (Was man vor einigen Jahren von einem Microsoft-Produkt sicher nicht gesagt hätte.)

 

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