24.03.2014

Omg, wtf, LOL: Der Buzzfeed-Hype

Buzzfeed rockt mit seiner unterhaltungslastigen News-Seite die USA. Anspruchsvoller Journalismus steckt nur selten dahinter, doch die Seite ist so beliebt, dass es auch Pläne für eine deutsche Version gibt.

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50 Prozent Bild, 20 Prozent YouTube, 20 Prozent Digg und 10 Prozent Zeit: Die Social News-Seite Buzzfeed.com ist eine wilde Mischung aus Unterhaltung, Videos, In-Themen und Nachrichten. Der Fokus liegt dabei eindeutig auf Unterhaltung und leichter Konsumierbarkeit. Buzzfeed ist voll von Listen-Artikeln – so genannten Listicles – Ansammlungen von mehr oder weniger steilen Thesen, garniert mit einem (animierten) „Beweisbild“: Von „10 herzerweichenden Dingen, die passiert sind, als US-Olympioniken nach Hause kamen“ über „15 schockierende Wahrheiten, was Katzenverhalten alles bedeuten kann“ (ja, Katzen-Content ist groß auf Buzzfeed!) bis zu „26 Dingen, die Dir passieren, wenn Du kein Gluten mehr isst“. Dazu gibt es eine Menge Quizzes und Videos, auf YouTube zählt Buzzfeed zu den größten Inhalteanbietern – Inhalten, die massiv geguckt werden, zum Teil mehr als 110 Millionen Mal pro Monat.

Drei Viertel des Traffics aus dem social web
Die Buzzfeed-Website selbst erreichte in ihrem bislang erfolgreichsten Monat im November 2013 130 Millionen Unique Visitors. Nicht weil viele Leute Buzzfeed als Startseite im Browser haben, sondern weil Buzzfeed-Content wie hulle über die Social Networks geteilt wird. Drei Viertel des Traffics auf der Seite kommen über Links aus sozialen Netzwerken. Vor allem der Facebook-Algorithmus findet Buzzfeed klasse und verhilft so der Seite zum Erfolg. Social-Media-Sharing-Buttons sind in Hülle und Fülle vorhanden, in Listicles sogar für jedes Bild einzeln. Weil Bilder so prominent sind, ist die Bilder-Seite Pinterest für Buzzfeed genauso wichtig wie Twitter.

Unter jedem Text gibt es dann noch eine Reihe von „Text-Emoticons“ wie „omg“, „wtf“, „LOL“ oder „cute“. Für jede dieser Kategorien gibt es eigene Rankings. Die Community-Mitglieder können auch selbst Artikel schreiben – besonders gelungene werden von der Redaktion auch mal auf die Homepage gehievt. Ein Prinzip, dass Buzzfeed von social news-Seiten wie Digg (deutsches Pendant: yigg) übernommen hat:  Dort können die Nutzer selbst abstimmen, welche Artikel sie witzig und interessant finden. Die Buzzfeed-Redaktion holt sich im social web Futter für „eigene“ Artikel.

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Kohle kommt natürlich auch hier über Werbung rein, besonders gut ist Buzzfeed beim Native Advertising – Inhalten, die gar nicht auf den ersten Blick als Anzeige erkennbar sind, sondern im Gewand eines normalen Artikels oder eher Listlcles daherkommen: „17 Probleme, die nur Buchliebhaber verstehen“ sehen genauso aus wie andere Listicles, sind aber vom Buchhändler HarperCollins gesponsort. Diese Native Ads erstellt ein Team innerhalb der Buzzfeed-Redaktion auf Wunsch des Kunden.

„We would love to come to Germany“
Die News stehen zwar in der Hauptnavigation an erster Stelle, haben gegen die ganzen bunten Geschichten aber eher einen schweren Stand. Damit Buzzfeed aber auch von anspruchsvolleren Lesern angenommen wird, hat die Seite Ben Smith von Politico abgeworben und mit dem Aufbau eines Hintergrund- und Investigativ-Ressorts beauftragt, das längere und gehaltvollere Artikel zum Buzzfeed-Universum beisteuert.

In den USA ist Buzzfeed schon lange eine große Nummer und auch in Deutschland steigen Aufmerksamkeit und Klick-Raten. Inzwischen macht Buzzfeed-Gründer Jonah Peretti keinen Hehl mehr daraus, dass er die Seite auch bald nach Deutschland bringen will. Schon jetzt verzeichnet „BuzzFeed“ eine Million Nutzer im Monat aus Deutschland, sagt Peretti. „We would love to come to Germany. Wir müssen noch die richtigen Leute finden. Dann werden wir es machen“, sagte Peretti kürzlich in einem Interview mit Gründerszene. Allerdings nicht wie die Huffington Post mit einem Verlagspartner, sondern allein. Das deutsche „Buzzfeed“ soll wohl eine Mischung von englischen Beiträgen, deutschen Übersetzungen und eigenen Inhalten werden. Das könnte eine echte Konkurrenz für bild.de werden.

Dieser Eintrag wurde veröffentlicht in: JOURNALISMUS & NETZ, Netzmagazine in den USA, NEU
  • Über Bernd Oswald

    Bernd Oswald, Jahrgang 1974, ist Autor und Trainer für digitalen Journalismus. Mich fasziniert es, wie die Digitalisierung (nicht nur) den Journalismus verändert: mehr Quellen, mehr Transparenz, mehr Interaktion, ganz neue Möglichkeiten des Geschichtenerzählens, vor allem visuell und mit Daten. Über diese Phänomene schreibe, blogge, twittere und lehre ich seit 2009.

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