22.04.2014

Journalismus-Start-up „Blendle“

„Eine Website, eine Bezahlschranke“ – Interview mit dem Macher des neuen niederländischen Kiosk.

In den Niederlanden versucht eine junge Firma, einen „Bezahldeich“ um alle wichtigen Verlagsinhalte zu ziehen. Das Modell von Blendle erinnert dabei an iTunes und soll es den Nutzern möglichst leicht machen, Geld für Journalismus auszugeben. torial sprach mit Gründer Alexander Klöpping über die Idee.

torial: Herr Klöpping, Ihre neue Plattform Blendle sieht wie eine Rettung für die angeschlagene niederländische Verlagsindustrie aus. Sie wollen all ihre Inhalte in einem Angebot zusammenziehen und es den Nutzern dann ganz einfach machen, dafür zu bezahlen. Kann das funktionieren?

Alexander Klöpping: Das hoffen wir sehr. Das Micropayment-Modell wurde für den Journalismus bislang nie richtig implementiert, entsprechend kann man natürlich nichts vorhersagen. Aber die Ergebnisse unserer Betaphase sind bereits vielversprechend. Die Leute konsumieren mehr Inhalte und mehr als die Hälfte von ihnen war unter 35. Das ist eine ganz große Sache.

torial: Können Sie kurz erklären, wie Blendle aus Sicht der Nutzer funktionieren wird?

Klöpping: Es ist wie iTunes für Journalismus. Man muss nur für das zahlen, was man liest und Freunde, interessante Leute und ein Algorithmus helfen einem dabei, tolle Inhalte von Zeitungen und Magazinen zu finden.

torial: Wie sieht die Verlagsseite aus?

Klöpping: Die Verlage bekommen 70 Prozent der Einnahmen von Blendle und wir behalten 30 Prozent. Wir bieten aber auch Abos für diejenigen Nutzer an, die viele Inhalte eines bestimmten Titels konsumieren. Wir sind also quasi ein „Subscriptions as a Service“-Anbieter für die Verlage.

torial: Blendle ist ein Start-up. Wie haben Sie es geschafft, dass die Verlage Ihnen vertrauen?

Klöpping: Wir hatten einen Prototyp und das half uns viel.

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torial: Werden die Inhalte auf Mobilgeräten publiziert oder auch im Web?

Klöpping: Blendle ist komplett als HTML5-Anwendung entwickelt worden, es funktioniert also überall. Selbst auf dem Bildschirm eines Teslas, wenn sie einen fahren.

torial: Werden Sie nur Print-Inhalte anbieten oder werden die Verlage auch Bezahlschranken um ihre reinen Online-Inhalte ziehen?

Klöpping: Aktuell stellen die Verlage in Holland nur Print-Inhalte bereit. Wir haben aber kein Problem damit, auch einen „Paydike“ („Bezahldeich“, Anm. d. Red.) um reine Online-Inhalte zu bauen, sollten sie das wünschen. Wenn ein ausländischer Verlag uns darum bittet, machen wir es natürlich auch. Unsere Infrastruktur ist bereit dafür.

torial: Wie sind die niederländischen Verlage aufgestellt – mit Redaktionen, die für die Zeitungen schreiben und solchen, die sich um die Online-Inhalte kümmern? Das ist in Deutschland so.

Klöpping: In Holland ist das genauso, eine Gruppe Redakteure arbeitet fürs Web und deren Artikel sind kostenlos (und werden kostenlos bleiben). Eine andere Gruppe Redakteure arbeitet für die Print-Ausgabe und diese Inhalte sind dann in der Zeitung und eigenen iPad-Apps verfügbar. Wir machen genau diese Inhalte nun in einem „Pay-per-Article“-Modell nutzbar.

torial: Wie viele Verlage werden an der Blendle-Plattform teilnehmen?

Klöpping: Alle großen Verlage in Holland machen mit, über 40 Zeitungen und Magazine sind schon Mitglieder.

torial: Ist Ihr Modell auch für einen größeren Markt geeignet wie beispielsweise Deutschland? Es ist denkbar, dass sie da Ärger mit Wettbewerbsbehörden bekommen.

Klöpping: Natürlich. Aber warum sollte ein Modell wie Blendle da ein Problem kriegen?

torial: Weil Sie die Inhalte aller Verlage in einer Plattform zusammenziehen, die keine Wettbewerber hat. Sehen Sie da keine Schwierigkeiten?

Klöpping: Nein. Wir verlangen von den Verlagen ja keine Exklusivität. Wenn das Modell funktioniert, bin ich mir sicher, dass wir oft kopiert werden (grinst).

torial: Wo sehen Sie Blendle in fünf Jahren?

Klöpping: Das lässt sich schwer sagen. iTunes für Journalismus wurde bislang nie richtig umgesetzt, entsprechend kann man kaum Vorhersagen wagen. Wir arbeiten dauernd an neuen Funktionen und bauen diese basierend auf unseren Nutzerdaten ein. Deshalb ändert sich Blende auch sehr häufig. Es wäre aber natürlich genial, wenn wir es schaffen würden, alle Verlage in Europa an Bord zu holen – auf eine Website mit einer Bezahlschranke.

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