05.05.2014

We promise: Kampagne für digitale Bürgerrechte zur Europawahl

Wählen gehen – am besten Kandidaten, die sich dem Einsatz für digitale Bürgerrechte verschrieben haben – das ist das Ziel der Kampagne „We Promise EU“.

Am 25. Mai ist Europawahl – ein Pflichttermin für alle, denen digitale Bürgerrechte am Herz liegen. Darüber wird zu einem großen Teil in Brüssel entschieden, siehe die neverending story um die Vorratsdatenspeicherung. Zwar gibt nach wie vor die Europäische Kommission die Leitlinien vor, doch das Europäische Parlament muss diese Gesetzentwürfe absegnen. In der nächsten Legislaturperiode 2014 – 2019 werden Gesetzesvorschläge zum Urheberrecht, Datenschutz, Cyber-Security und Überwachung erwartet. Um das Bewusstsein für digitale Bürgerrechte im Europawahlkampf zu stärken, hat European Digital Rights, ein europaweiter Zusammenschluss von 36 Bürgerrechtsorganisationen, die Kampagne „We Promise EU“ gestartet. Aus Deutschland sind die Digitale Gesellschaft und digitalcourage dabei.

Im Video erklärt Joe McNamee, Direktor von European Digital Rights, die Idee von „We Promise EU“:

Zum einen sind die EU-Bürger aufgerufen, zur Wahl zu gehen und ihre Stimme am besten einem Kandidaten zu geben, der – jetzt kommen wir zum zweiten Teil der Kampagne – seinerseits versprochen hat, die 10 Punkte umfassende Charta für digitale Grundrechte zu unterzeichnen. Kernsatz der Charta:

Ich werde jegliche Maßnahmen ablehnen, die Entscheidungsbefugnisse im Hinblick auf Bürgerrechte von demokratisch gewählten Entscheidungsträgern oder der Justiz aufheben wollen. Dies beinhaltet alle unten genannten Punkte, beschränkt sich jedoch nicht auf sie.

Die 10 Punkte der Charta im Einzelnen (Fettungen stammen von mir):

1. Ich werde mich für Transparenz, Zugang zu Dokumenten und Bürgerbeteiligung einsetzen.

2. Ich werde Gesetze zur Stärkung von Datenschutz und Privatsphäre unterstützen.

3. Ich werde mich für uneingeschränkten Zugang zum Internet und Internetdiensten einsetzen.

4. Ich werde die Modernisierung des Urheberrechts unterstützen.

5. Ich setze mich gegen flächendeckende, unkontrollierte Überwachungsmaßnahmen ein.

6. Ich werde Anonymität und Verschlüsselung im Internet unterstützen.

7. Ich werde Maßnahmen zur privatisierten Rechtsdurchsetzung außerhalb der Rechtsstaatlichkeit ablehnen.

8. Ich werde mich für Exportkontrollen von Zensur- und Überwachungstechnologien einsetzen.

9. Ich werde mich für das Multistakeholder- und Mitbestimmungsprinzip einsetzen.

10. Ich werde die Nutzung von Freier Software unterstützen (Open Source Software).

Klingt durch das „Ich werde“ ein bisschen wie ein feierliches Gelöbnis, das in linken Kreisen sonst nicht so gut ankommt (vor allem wenn es Bundeswehr-Rekruten öffentlich leisten).

Stand 30. April hatte die Kampagne am besten in Spanien verfangen (64 Unterzeichner), auf Platz zwei kommt schon Deutschland.

Deutschland wurde von Spanien überholt! https://t.co/QoGQyfeZdY – Wo sind die Kandidierenden der @spd_netzpolitik @fdp @cdu?! #EP2014

— wepromise.eu (@wepromiseEU) 29. April 2014

Die 45 deutschen Unterzeichner (nachzusehen unter https://www.wepromise.eu/de/#map) kommen überwiegend von Grünen, Linken und Piratenpartei, vereinzelt von SPD, ÖDP, Freien Wählern und FDP. Darunter sind auch prominente Abgeordnete wie der frühere Grünen-Chef Reinhard Bütikofer:

Gerade von den Liberalen hätte ich hier mehr erwartet, wo doch die bürgerlichen Freiheiten nach dem Ausscheiden aus dem Bundestag wieder viel stärker betont werden sollen. Von CDU und CSU war noch gar niemand dabei. In anderen Ländern ein ähnliches Bild: Linke Kandidaten dominieren, Konservative sind die Ausnahme.

Damit’s ein bisschen plakativer wird, hat die digitale Gesellschaft zehn Slogans als Bildmotive verpackt, zum Beispiel gegen Zensur:

Die Petition für digitale Bürgerrechte fordert zum Einsatz gegen Zensur auf

Die Petition für digitale Bürgerrechte fordert zum Einsatz gegen Zensur auf. Bild: digitale Gesellschaft unter CC-BY-SA Lizenz

Die Kampagne endet jedoch nicht mit der Wahl am 25. Mai. „We promise“ ruft die Unterstützer auf, die dann gewählten Abgeordneten, die die Charta für digitale Grundrechte unterzeichnet haben, auch in die Pflicht zu nehmen.

 

Dieser Eintrag wurde veröffentlicht in: JOURNALISMUS & NETZ, NEU
  • Über Bernd Oswald

    Bernd Oswald, Jahrgang 1974, ist Autor und Trainer für digitalen Journalismus. Mich fasziniert es, wie die Digitalisierung (nicht nur) den Journalismus verändert: mehr Quellen, mehr Transparenz, mehr Interaktion, ganz neue Möglichkeiten des Geschichtenerzählens, vor allem visuell und mit Daten. Über diese Phänomene schreibe, blogge, twittere und lehre ich seit 2009.

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