28.07.2014

Blogboxapp – das Blogmenü für Bequeme

Die Blogboxapp aus München ist ein persönliches Blog-Magazin – für Nutzer, die zu faul sind, sich wie in Flipboard oder per RSS alles selbst zusammen zu suchen. Die „Bonbons“ genannte Zahlfunktion will aber kaum einer nutzen. Deswegen haben sich die Macher nun ein neues Geschäftsmodell ausgedacht.

So sieht die Blogboxapp auf dem iPad aus, nachdem man seine Interessensgebiete festgelegt hat.

So sieht die Blogboxapp auf dem iPad aus, nachdem man seine Interessensgebiete festgelegt hat.

Zite, 10000 flies, Rivva, Google News – das Netz ist voll von News-Aggregatoren. Braucht es dann noch einen weiteren? Ja – wenn es einer ist, der sich nur auf Blogs spezialiert – dachten sich Marco Eisenack, Bernhard Hering und Moritz Orendt. Blogs kann man doch auch in Flipboard anzeigen lassen? Schon, aber das macht Arbeit und die drei haben es eher auf die nicht ganz so heavy News-Junkies abgesehen: „Wir wollen Blogs für die breite Masse erfahrbar und auffindbar machen. Man kann über uns Quellen entdecken“, sagt Bernhard Hering, der die Blogboxapp programmiert.

Im Zentrum der im September 2013 gestarteten Blogboxapp stehen persönliche Interessensgebiete. Man wählt ein paar aus und bekommt dann per Algorithmus thematisch passende Blogs dazu angezeigt. Die Auswahl der Blogs, auf die der Algorithmus zugreift, wird dagegen per Handarbeit gemacht. Das kann auf drei Arten passieren:

  1. Leser schlagen Blogger vor
  2. Blogger schlagen sich selbst vor
  3. oder die Blogboxredaktion entdeckt selbst ein interessantes Blog

In jedem Fall gelten redaktionelle Kriterien: inhaltliche Relevanz, keine Werbung, guter Stil, sorgfältige Recherche. Inzwischen sind so 450 Blogs in 25 Kategorien von München über Musik, Marketing, Outdoor, Karriere bis zur Kunst zusammengekommen. Jeder Nutzer wählt ein paar Kategorien aus und kann sich dann immer die neuesten und die beliebtesten Artikel anzeigen lassen. Das Coole: Man kann alle Artikel in der App lesen, es gehen also nicht wie bei vielen Readern die Originalartikel in einem neuen Fenster auf. Das liegt daran, dass sich die Blogboxredaktion das OK der Blogautoren holt.

„Die Zukunft des Journalismus wird nicht auf Paid-Content beruhen“

Marco Eisenack (l.) und Bernhard Hering, zwei der Blogboxapp-Macher

Marco Eisenack (l.) und Bernhard Hering, zwei der Blogboxapp-Macher

Die sollen auch was davon haben – neben Ruhm und Ehre auch ein bisschen Geld, schließlich will die Blogboxapp „Freund und Helfer der Blogger sein. Darum gibt es „Bonbons“: Die kann man im Zehner-Pack für 89 Cent, als Fanpackung (30 Bonbons für 2,69 €) oder als Gourmetpackung (100 Bonbons für 7,99 €) und dann an die Autoren verteilen. Klar, Apple nimmt sich seine 30% Provision, die Blogboxapp selbst zweigt nichts ab. „Wir wollten nicht noch ein neues Bezahlsystem aufsetzen, sondern an ein bestehendes andocken“, sagt Marco Eisenack, der den redaktionellen Part betreut. Dennoch ist die Resonanz ernüchternd: In den zehn Monaten seit dem Start sind gerade mal 200 Euro über Bonbons zusammgekommen. Auch wenn die Redaktion die Bonbons offensiver bewerben will: „Die Zukunft des Journalismus wird nicht auf Paid-Content beruhen“, bilanziert Marco Eisenack. Da irgendwann die Anschubfinanzierung aus einem Gründerstipendium ausläuft, muss die Kohle also über andere Wege herkommen.

Die Lösung sollen nun Firmen-Apps sein: Unternehmen zahlen 199 Euro im Monat und bekommen dafür eine Magazin-App, die sich aus Firmeninhalten und thematisch dazu passenden Blogartikeln zusammenstellt. Gestartet ist dieses Magazin-Angebot mit Reiseunternehmen, die dazu aus 50 Reiseblogs wählen können – die Blogger werden natürlich vorher gefragt und zu einem Drittel an den Erlösen beteiligt. Die Leser wiederum können in den Reiseberichten den „Da-will-ich-hin“-Button anklicken und so eine direkte Buchungsanfrage ans Reisebüro senden. Im Content-Marketing sieht Eisenack keinen „gekauften Journalismus“, denn die Blogposts seien ja davon unabhängig schon vorher geschrieben worden. „Das Blog-Angebot ist wie eine Bibliothek, aus der sich Unternehmen bedienen“, erklärt Eisenack. Erster Kunde war der Deutsche Alpenverein mit seinem Reiseveranstalter Summit Club, zwei Reisebüros folgten.

Als weitere Einnahmequelle kann sich Eisenack auch Native Advertising vorstellen – wenn der gesponsorte Beitrag klar als solcher gekennzeichnet ist.

Die Blogboxapp ist schön gemacht – und eignet sich für Leute, die ohne viel Aufwand einen Überblick über die deutsche Bloglandschaft bekommen wollen. Für News-Junkies, die sich Ihre Nachrichten selbst zusammen stellen und sich dabei auch mit anderen vernetzen wollen, ist die Blogboxapp eher nichts.

 

Die Blogboxapp gibt es für iPhone und iPad im iTunes-Store. Im Sommer 2014 soll auch eine Android-Version an den Start gehen.

Dieser Eintrag wurde veröffentlicht in: JOURNALISMUS & NETZ, JOURNALISMUS & TECHNIK, NEU, Publizieren
  • Über Bernd Oswald

    Bernd Oswald, Jahrgang 1974, ist Autor und Trainer für digitalen Journalismus. Mich fasziniert es, wie die Digitalisierung (nicht nur) den Journalismus verändert: mehr Quellen, mehr Transparenz, mehr Interaktion, ganz neue Möglichkeiten des Geschichtenerzählens, vor allem visuell und mit Daten. Über diese Phänomene schreibe, blogge, twittere und lehre ich seit 2009.

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