12.01.2015

Und was, wenn der User nicht zahlen will?

Gute Arbeit, guter Wille – das alleine reicht nicht mehr, wenn man im digitalen Journalismus überleben will. Zwei aktuelle Beispiele zeigen, dass auch die Finanzierung durch die User nicht ohne Risiken ist.

Die Kollegen vom „Bildblog“ haben inzwischen zu einer Art ultima ratio gegriffen: Sie schweigen den ganzen Januar über – und ob sie danach wieder die Arbeit an ihrer Seite aufnehmen, die es schon stolze 11 Jahre lang gibt, ist momentan auch noch offen. Die Antwort auf diese Frage hängt an etwas ganz Profanem: Geld. Wenn in den nächsten Wochen nicht genügend finanzielle Unterstützung zusammenkommt – ja, was dann eigentlich? Kann „Bildblog“ seine Arbeit möglicherweise nicht fortsetzen.

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Ein wenig in die Kritik geraten sind mittlerweile die „Krautreporter“. Ungleichgewicht bei den Autoren, nur wenige wirklich spannende Geschichten – dieses kleine Zwischenfazit sorgte zumindest für einige Debatten darüber, ob die Seite ihrem selbst gestelltem Anspruch wirklich gerecht wird. Unbeschadet dessen, wie man zur Arbeit der „Krautreporter“ steht, den eigentlichen Lackmustest haben die Macher in diesem Jahr erst noch vor sich: Irgendwann im Herbst wird man sehen, ob sich genügend Unterstützer finden, um die Krautreporter auch in ein zweites Jahr zu bringen.

Zwei Seiten, die einiges gemeinsam haben. Beide sind außerhalb der etablierten Strukturen von Medienhäusern entstanden. Beide haben es vergleichsweise schnell auf einen gewissen Bekanntheitsgrad gebracht und beide stehen für  journalistischen Anspruch. Die einen als die Wächter über ebendiesen. Die anderen als diejenigen, die es besser mache wollen als viele andere. Beide leisten Arbeit, bei deren Anspruch man grundsätzlich der Meinung sein kann: gut, dass es jemand versucht.

Wie aber finanzieren wir künftig unsere Arbeit? Das ist unverändert die alles entscheidende Frage, wenn es um die Zukunft von Medien im digitalen Zeitalter geht. Früher hätte man womöglich gesagt: durch gute und konstante Arbeit. Das alleine aber reicht mittlerweile nicht mehr aus. Weil es ein derart riesiges Angebot an gut gemachten Medien gibt, dass selbst der Wohlmeinendste nicht mehr in der Lage ist, sie zum einen zu konsumieren und sie zum anderen zu bezahlen. Es könnte also, auch wenn man sich das nicht unbedingt wünschen sollte, theoretisch sein, dass das „Bildblog“ über zehn Jahre hinweg gute Arbeit als das einzige relevante deutsche Medien-Watchblog leistet – und trotzdem nicht genügend finanzielle Unterstützung bekommt, um weitermachen zu können.

Das „Bildblog“ ist nur ein besonders drastisches Exempel dafür, unter welchen ökonomischen Druck Medien und Journalisten im Zeitalter der Digitalisierung geraten sind. Sicherheit im Netz gibt es kaum mehr, schon gleich gar nicht über längere Zeiträume. Es wird also weiter darauf ankommen, Dinge auszuprobieren. Und darauf, den Mut zu haben, einfach weiterzumachen, selbst wenn sich das eine oder andere Modell auch in Zukunft als eher untauglich erweist. Wer im digitalen Journalismus auch ökonomisch überleben will, sollte sich zudem nicht gerade auf Fünf-Jahres-Pläne stützen. Weil unverändert niemand in der Lage ist vorherzusehen, wie sich die ökonomischen Grundlagen des Journalismus im Netz entwickeln werden.

Was absehbar ist: Das eine, alle glücklich machende Finanzierungsmodell wird es nicht geben. Selbst der naheliegende Gedanke, sich von den eigene Lesern finanzieren zu lassen und damit auch noch gleichzeitig redaktionelle Unabhängigkeit und Werbefreiheit zu garantieren, unterliegt immer noch den schnöden Gesetzen der Marktwirtschaft. Wenn sich nicht genügend Menschen finden, die eine solche Arbeit nicht nur goutieren, sondern auch bezahlen wollen, dann gibt es dauerhaft solche Angebote nicht.

So schwierig und so einfach zugleich: Das „Bildblog“ ist ungewollt zu einem Anschauungsunterricht geworden, ob gute Arbeit und guter Wille alleine reichen. Ende des Monats wissen wir mehr.

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