03.11.2015

„The List“ – Alternative Stocks für freie Fotos

Mit „The List“ will die Creative Commons Organisation dafür sorgen, dass die Crowd beim Aufbau eines alternativen Stocks für frei verwendbare Fotos mitwirkt.

Im Netz frei verwendbare Fotos zu finden, ist für viele Online- und Social Media-Redakteure, freie Journalisten und Blogger bereits geübte Praxis: seit längerem ermöglichen es Google, Flickr und andere nach Fotos zu fahnden, die unter den populären, freien Creative Commons-Lizenzen verfügbar sind. Auch eine solche gefilterte Bildersuche liefert mitunter viele Treffer – aber oft passen die Motive nicht oder es stören gewisse Einschränkungen für die Weiterverwendung.

The List - Kategorien
Creative Commons (CC) -Lizenzen stehen generell für die freie Nutzung urheberrechtlich relevanter Werke, was im übrigen nicht heißt, dass sie immer kostenlos sein muss. Aber es meint, dass man einen Urheber CC-lizenzierter Fotos nicht um Erlaubnis für eine Verwendung ersuchen muss – oder eine Fotoagentur oder einen Verlag – sondern dass sie pauschal erlaubt ist. Diese Erlaubnis ist bei jedem CC-lizenzierten Werk quasi digital „eingenäht“, wie die Waschanleitung bei Textilien. Allerdings kann eine CC-Lizenz vorgeben, wie man das Werk nicht verwenden darf, etwa nicht für kommerzielle Zwecke oder nicht bearbeitet.

The List heißt Geben und Nehmen

An dieser Stelle setzt die App „The List“ an, die direkt von einem Team der Creative Commons Organisation entwickelt wird. Sie richtet sich an Fotografier-Willige, die den Bestand an freien und uneingeschränkt nutzbaren Fotos erweitern, einem konkreten Bedarf entsprechend Fotos anfertigen und diese mit der offenen CC-BY-Lizenz „freigeben“ wollen; aber auch an Foto-Suchende, die ihren Bedarf in die Crowd melden. Momentan (Ende Oktober 2015) liegt die App in Version 3.0 vor, allerdings als „public Beta“, eine Art Prototyp.

Screenshot The List My List

Um die App zu nutzen, benötigt man derzeit ein Android-Gerät mit Betriebssystem-Version 4 sowie ein Konto bei der Creative Commons Organisation. Die Installation lief bei zwei Tests reibungslos, es sind auch keine weiteren Konfigurationen und Einstellungen erforderlich. Die App ist derzeit nur in Englisch verfügbar, dank einer reduzierten und übersichtlichen Benutzeroberfläche ist sie gut zugänglich. Im Funktionsbereich „My List“ blättert man sich durch eingegangene Bedarfsmeldungen, etwa nachFotos von einem „bepflanzten Blumentopf“, oder einem „Regal“, oder einem „Fahrradreifen“.  Diese kann man per Häkchen in die eigene Liste übernehmen oder ablehnen. So füllt sich die eigene „Liste“, wo man für jeden „Auftrag“ entweder ein Foto aus der eigenen Sammlung aussuchen oder aus der App heraus ein Foto erstellen kann. Zwei weitere Funktionsbereiche dienen der Auswahl von Kategorien, für die man sich als Foto-Suchender interessiert, wie „People“, „Places & Cities“ oder „Food & Drink“, sowie dem Formulieren und Absenden eines Motivbedarfs. Hinzu kommen noch ein Bereich, der über die App und die Lizenzierung der Fotos informiert, sowie einer für Feedback (als Link ins Web).

In der momentanen Version funktioniert „The List“ noch nicht als Browser durch freie CC-(BY-)Fotos, das mag kommen. Ihr Fokus liegt auf der aktiven Beteiligung des App-Nutzers, explizite Foto-Wünsche zu bedienen.

Es mangelt noch an der Umsetzung

Leider sind diese Prozesse nicht gut gestaltet. Wenn ich ein Foto hochlade, kann ich es zwar benennen und einer – aber nur einer – meiner Kategorien zuordnen sowie es kurz beschreiben; eine differenzierte Verschlagwortung, die dem Auffinden im Katalog dient, ist nicht möglich. Auch bleibt unklar, wo das hoch geladene Foto landet, es gibt keinen Link auf eine etwaige Web-Präsenz. Zudem wird es auch nicht in der App gespeichert, es scheint wie verschwunden. Doch all diese Mankos mögen dem Beta-Stadium der App geschuldet sein.

The List Screen 2„The List“ setzt der kommerziellen Stockfotografie das Crowd-Prinzip entgegen, demnach in einer hinreichend großen Masse immer jemand genau das hat oder macht, was andere benötigen; dazu will sie die freie Nutzung von Fotos für alle Zwecke popularisieren. Gewiss kann das Ganze erst dann gut greifen, wenn genügend Leute aktiv mitmachen. Je nach Entwicklungsdynamik und Unterstützung aus der CC-/nahen „Community“ ist „The List“ durchaus ein solcher Erfolg zuzutrauen, wenn auch nicht so schnell oder so durchschlagend wie bei Startups, die von Investoren mit Millionen aufgepäppelt werden – aber dafür auch ohne Profit-Ziele. Die CC-App könnte zudem eine Art Blaupause für weitere Foto-Apps und assoziierte Online-Plattformen werden. Denn einmal angenommen, Instagram, Flickr, EyeEm oder auch Twitter würden die Option anbieten, dass man einige oder gar alle Fotos, die man mit ihren Apps anfertigt, bei Verbreitung in Online-Plattformen entweder automatisch oder nach jeweils einzelner Nachfrage nur CC-lizenziert freigibt, würden viele Rechtsunsicherheiten im Internet wegfallen.

Dieser Eintrag wurde veröffentlicht in: JOURNALISMUS & TECHNIK, Suchen & Finden
  • Über Henry Steinhau

    Henry Steinhau ist Medien-Journalist mit den Schwerpunkten Medienkultur, Mediennutzung, Medienkompetenz, Online-Medien & Journalismus. http://www.steinhau.com/hest/wordpress/aktuell/

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