13.08.2011

Web 6.66 „The Blackberry-Riots“

Unter dem „Label“ „Web 6.66“ werden wir immer wieder berichten, über populistische und stereotype Angriffe auf die Netzfreiheit. Diesen Attacken wohnt meist das Schüren von Angst inne. Angst vor all dem Bösen, das sich im angeblich rechtsfreien Raum Internet tummelt.

Wir glauben, dass sich Kommunikation und ihre Wege verändern und dass sie das auch schon immer getan haben. Die neuen Kommunikationsmöglichkeiten im Netz stehen grundsätzlich allen zur Verfügung – Räuber und Gendarm, Bürger und Staat. Durch die Skalierung kommunikativer Möglichkeiten kann und darf Meinungsfreiheit in keinem Fall in Frage gestellt werden.

„The Blackberry-Riots“

Nach den Krawallen in England hat die Politik einen hübschen Nebenkriegsschauplatz gefunden. Premier Cameron kündigt den Eingriff in soziale Netzwerke an, um Straftaten zu vereiteln. Vor dem englischen Parlament sagte er:

„Jedem, der diese furchtbaren Aktionen gesehen hat, wird aufgefallen sein, wie sie über soziale Medien organisiert wurden. Der freie Fluss von Informationen kann für Gutes verwendet werden. Er kann aber auch für Übel verwendet werden. Und wenn Menschen soziale Medien für Gewalt benutzen, müssen wir sie stoppen. Wir arbeiten deshalb mit der Polizei, den Geheimdiensten und der Industrie daran, zu überlegen, ob es richtig ist, Menschen über diese Webseiten und Dienste kommunizieren zu lassen, wenn wir wissen, dass sie Gewalt, Chaos oder Verbrechen planen.“

http://www.sueddeutsche.de/digital/blackberry-und-twitter-bei-den-england-krawallen-wie-gefaehrlich-camerons-kontrollsehnsucht-ist-1.1130817

Wie immer stellt sich die Frage, wer dann über gut und übel entscheidet und wie immer wird außer Acht gelassen, dass eine totale Überwachung notwendig wäre, um so eine Unterscheidung überhaupt vornehmen zu können. Linus Neumann von netzpolitik.org sagt im Interview mit Deutschlandradio Kultur eigentlich alles, was man wissen muss, um so eine Initiative einzuordnen. Hier das Skript:

http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/thema/1526013/

Interessanter Weise ist davon auszugehen, dass Cameron diese Idee von einem Chat-Dienst-Anbieter, nämlich Blackberry, geerbt hat. Blackberry ist auf der Insel weit verbreitet – 37% Marktanteil bei den 16-24jährigen (Ofcom-Studie). Der kanadische Hersteller RIM kündigte, viel beachtet, aber wenig konkret die Zusammenarbeit mit den Behörden bei der Strafverfolgung von Randalierern an. Der Spiegel schreibt dazu:

„RIM will angesichts der beunruhigenden Entwicklung in Englands Hauptstadt die Polizei bei ihren Ermittlungen unterstützen. Wie viel der Konzern jedoch tatsächlich unternehmen wird und kann, ist fraglich. Auch wenn die Behörden auf gesetzlicher Grundlage die Herausgabe von Daten fordern, könnte RIM sich dem möglicherweise widersetzen, schreibt der „Guardian“. Von der Verschlüsselung der Nachrichten ganz abgesehen. Die Verschlüsselungstechnik bei RIM-Diensten, vor allem E-Mail, gilt als besonders sicher. Das Unternehmen hat wiederholt betont, keine Zugriffsmöglichkeiten zu haben.

Einigen Staaten sind Smartphones des Herstellers deswegen schon länger ein Dorn im Auge: Indien etwa verlangt, dass die Geheimdienste des Landes Zugang zu sämtlichen Diensten von RIM-Geräten bekommen. Die Regierung fürchtet, Extremisten könnten die Technik zur Vorbereitung von Anschlägen nutzen. Diversen Aufforderungen Indiens ist RIM bislang nicht nachgekommen, und jetzt hat die Regierung offenbar genug von Fristverlängerungen und Ablenkmanövern. Sie fordert sofortiges Handeln – andernfalls sollen RIM-Dienste im Land abgeschaltet werden.“

http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/0,1518,779125,00.html

Wirklich ärgerlich ist auch, wie eine Unmenge Nachrichtenportale und Zeitungen die Rolle der sozialen Netzwerke als entscheidendes Werkzeug zur Planung der Krawalle als gegebene Tatsache darstellen. Sicher nutzten die Randalierer solche Services und sicher auch, um sich in diesem Kontext zu verabreden. Die Darstellung von Cameron, aber eben auch in vielen Medien unterstellt aber, dass diese Krawalle so nur möglich waren, weil es den Blackberry Service gab oder eben unkontrollierte soziale Netzwerke überhaupt. Was dann noch zu beweisen wäre…

Und übrigens wurde auch diese Massenaktion über das Internet konzertiert….

Weitere Videos findest Du in unserem YouTube-Kanal

 
 
Zusammenfassende Linksammlung:

http://photoshoplooter.tumblr.com/

http://www.sueddeutsche.de/digital/blackberry-und-twitter-bei-den-england-krawallen-wie-gefaehrlich-camerons-kontrollsehnsucht-ist-1.1130817

http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/thema/1526013/

http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/0,1518,779125,00.html

http://www.heise.de/newsticker/meldung/Britische-Regierung-erwaegt-Kommunikationssperren-gegen-Riots-1321898.html

 

0 Kommentare zu diesem Artikel


  1. Gestern: Ahh, bessere Sicherheit wir werden alle abgehört.
    Heute Ahh, weniger Sicherheit, Kommunikation steht ja auch üblen Typen zur Verfügung.