13.08.2014

.spiegel, .arte und .news – die neuen Medien-Endungen im Netz

Gründen ist manchmal ganz unromantisch. Wenn Medien-Startups sich einen Namen geben wollen, lautet die fast wichtigste Frage: ist die dazu dazu passende Domain überhaupt noch frei? Im eigentlich unbegrenzten World Wide Web ist der Platz irgendwann verdammt knapp geworden. Das ändert sich mit den neuen Internet-Endungen, die auch für Journalisten und Medienmacher relevant sind.

Losziehung bei der ICANN

Per Losverfahren wurde für die Bewerbungen um Internet-Endungen eine Reihenfolge festgelegt.
Foto: Flickr-Nutzer icann, Lizenz: CC/by-sa/2.0

Für eine Bewerbungsgebühr von 185.000 US-Dollar hat die globale Internet-Behörde ICANN im Jahr 2012 alle denkbaren Bewerbungen um neue Internet-Endungen entgegengenommen. Per Losverfahren wurde dann eine Reihenfolge bestimmt, und die Bewerbungen werden seitdem eine nach der anderen von der ICANN bearbeitet. Mehrere hundert solcher Top-Level-Domains (TLDs) gehen in diesem Jahr online. Auch die Medienbranche wird mit einigen spezifischen Endungen vertreten sein.

Medienmarken mit eigenen Internet-Endungen
Eine kleine Gruppe von Medienunternehmen will exklusive Endungen passend zur eigenen Marke betreiben, unter anderem .arte, .canalplus (Frankreich), .abc und .fox (USA) sowie .bbc und .theguardian (Großbritannien). .spiegel wird die einzige deutschen Medienmarken-Endung sein.


.spiegel ist rein technisch schon online, wird aber noch nicht mit Inhalten bespielt. Andere Top-Level-Domains stehen erst noch vor dem finalen Vertragsabschluss mit der ICANN. Wie die neuen digitalen Räume tatsächlich genutzt werden, lässt sich zur Zeit deswegen noch kaum sagen. Die am Anfang des Bewerbungsprozesses eingereichten Anträge erlauben aber einen Einblick in die jeweiligen Strategien. In den Anträgen musste unter anderem die Mission und der Zweck der geplanten Top-Level-Domain angegeben werden.

Oft sind die Ausführungen sehr vage. Arte spricht beispielsweise nur davon, dass mit .arte die eigene Marken-Identität gestärkt und die „pan-europäische und internationale, kulturelle Mission“ des Senders besser promotet werden kann. Bei .theguardian heißt es, dass die neue TLD die Mediengruppe fit für die digitale Zukunft machen soll.

.spiegel: Hilfe bei der Internationalisierung

Spiegel-Gebaeude

Eine eigene Internet-Endung soll dem Spiegel auch digital zu noch mehr Größe verhelfen
Foto: Flickr-Nutzer glynlowe, Lizenz: CC/by/2.0

Der Antrag des Spiegels aber ist aussagekräftiger. Unter anderem heißt es, dass die eigene Endung dabei helfen soll, verstärkt englischsprachige Leser zu erreichen. Unter spiegel.de/international veröffentlicht das große deutsche Nachrichtenportal schon länger auch englischsprachige Texte. Die Länder-spezifische Endung .de sei aber bisher ein ernstes Hindernis für die Internationalisierung gewesen, heißt es in dem Antrag.

Zudem skizzieren sie, wie sich auch eher Journalismus-ferne Angebote besser online darstellen lassen: „Die neue .SPIEGEL-Endung wird ein ,One-stop-shopping‘-Anlaufpunkt sein, für all die vielen Dienste und Produkte, die über reine Nachrichten hinausgehen“. Speaker.spiegel könnte demnach eine Redner-Agentur für Spiegel-Mitarbeiter werden, kultur.spiegel ein Ticket-Verkauf, reisen.spiegel eine Art Reisebüro, und unter shop.spiegel könnten Bücher und Ebooks von Autoren des Verlags verkauft werden. Der Spiegel erhofft sich von der eigenen Endung also einen neuen Impuls für die Internationalisierung und ein eleganteres Dach für seine verschiedensten Aktivitäten.

Allgemeine Medien-Endungen: .news, .media und .radio
Neben .spiegel, .bbc & Co. wird es auch Endungen mit allgemeinen Medien-Kategorien geben, die für jedermann zugänglich sind.

Um .news bewerben sich gleich sieben Firmen. Einige von ihnen mischen beim Geschäft mit den neuen Internet-Endungen ganz vorne mit. Donuts beispielsweise bewirbt sich gleich um etwa 300 Endungen aus unterschiedlichsten Branchen. Amazon ist ebenfalls dabei. Wer die Endung betreiben wird, wird eine Versteigerung entscheiden.

Offen ist auch, wer .radio betreiben wird. Es gibt vier Bewerber. Die Europäische Rundfunkunion (EBU) hat sich für ihre Bewerbung die Unterstützung verschiedener Radioverbände gesichert und eine so genannte Community-Bewerbung eingereicht. Nach ihrem Plan soll es Einschränkungen bei der Registrierung von Domains geben, so dass sich dort nur tatsächliche Anbieter von Radio-Inhalten finden würden.

Fest steht hingegen, dass der Massenbewerber Donuts über .media verfügt. Es gab ursprünglich drei Bewerber um die Endung, die haben sich aber untereinander geeinigt. Die allgemein gehaltene Top-Level-Domain ist bereits online, weist aber bisher noch keine Inhalte auf.

Neue Adressräume für Medieninhalte
Noch weiß keiner genau, was die neuen Internet-Endungen bringen – ob sie Goldgruben für die Betreiber oder digitale Ladenhüter werden, ob mit den Medienmarken-Endungen die Internationalisierung einen neuen Schub erhält oder kaum ein Internet-Nutzer davon Notiz nimmt. Klar ist aber: die neuen Endungen stellen dringend benötigte neue Adressräume im Netz bereit. Das wird auch neuen und jungen Medien-Anbietern zugutekommen. Anders als im „alten Internet“ haben sie wieder realistische Chancen, halbwegs sinnvolle und gut klingende Webadressen für ihr Projekte zu finden.

 

Dieser Eintrag wurde veröffentlicht in: Dynamik am Markt, Neue Formate

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