11.01.2019

Netzwelt-Rückblick Dezember: Tumblr-Filter, Männerdomäne Wikpedia, Suchtrends

Im Dezember ging es im Netz unter anderem um radikale Tumblr-Filter, die große Reichweite von Alternativmedien auf Facebook, die Männerdomäne Wikipedia und die meist gesuchten und debattierten Themen auf Google und Twitter.

Google+ macht noch früher dicht

Im Oktober-Rückblick hatte ich vom Aus für Google+ aufgrund einer Sicherheitslücke berichtet. Ursprünglich war der finale Vorhang für August 2019 geplant. Im Dezember wurde eine weitere Sicherheitslücke bekannt, die 52,5 Millionen Nutzer betraf. Konkret ging es persönliche Informationen wie Name, E-Mail-Adresse und Beruf, diese Daten waren wegen der Panne auch für Entwickler sichtbar, selbst wenn das Profil auf privat gesetzt war. Wegen dieser weiteren Panne macht Google+ nun schon im April dicht, wie The Verge berichtet.

Auch Garfield ist #toosexyfortumblr. Screenshot: Shan Murphy

Auch Garfield ist #toosexyfortumblr. Screenshot: Shan Murphy

Tumblr will Pornographie bannen

Noch nicht dicht gemacht hat Tumblr. Der Micro-Blogging-Dienst ist aber in einer großen Krise, nachdem die App aus Apples App-Store geflogen war. Das hing vermutlich damit zusammen, dass auf Tumblr zu viel pornographische Inhalte zu sehen waren. Also hat Tumblr einen Nacktheitsfilter eingebaut, der aber für den Geschmack vieler Tumblr-Nutzer viel zu weit geht, schließlich ist nicht jede Nacktheit auch gleich pornographisch. Die Electronic Frontier Foundation erklärt die Tumblr-Entscheidung und fasst die Reaktionen der Community zusammen. Allerdings hat bei weitem nicht alles, was der neue Filter gebannt hat, mit Nacktheit zu tun. Betroffen waren auch Cartoons, Tiefkühlhähnchen oder Figuren wie Garfield oder Super Mario. Wer einen Geschmack für die kuriosen Filter-Entscheidungen bekommen will, kann sich auf Twitter unter dem Hashtag #toosexyfortumblr amüsieren.

Einfluss von Bots auf Debatte um UN-Migrationspakt total überschätzt

Im November-Rückblick ging es auch um die hitzig geführte Debatte um den UN-Migrationspakt. Für Aufsehen sorgte Anfang Dezember ein Welt-Artikel, in dem die Rede davon war, dass 28 Prozent der Tweets, die Stimmung gegen den Migrationspakt machten, von Bots stammen würden. Einer Untersuchung von Twitter-Analyst Luca Hammer hält dies Aussage aber keineswegs stand, er kommt gerade einmal auf sechs Prozent mögliche Bots. Auf Netzpolitik fasst Markus Reuter die Debatte gut zusammen und erklärt, welche Arten von menschlichen Twitter-Accounts einen viel größeren Einfluss auf Debatten haben.

„Alternativmedien“ profitieren vom neuen Facebook-Algorithmus

Womit wir beim Thema Stimmungsmache im Netz sind: Speziell rechte Medien (die sich selbst „alternative Medien“ nennen) profitieren vom Umbau des Facebook-Newsfeed-Algorithmus, wie Meedia in einer Untersuchung herausgefunden hat. Im Vergleich von Oktober 2018 zu Oktober 2017 konnten vor allem die Seiten Die Achse des Guten, Wochenblick, Tichys Einblick und das Compact-Magazin hohe prozentuale Zuwächse bei den Interaktionen verzeichnen. Dazu passt, dass die französische Protestbewegung der „Gelbwesten“ ebenfalls stark von einer hohen Sichtbarkeit auf Facebook profitierte, wie Fréderic Filloux in seiner Monday Note beschreibt.

Facebook und seine Factchecker – eine schwierige Beziehung

Weil die Verbreitung von zugespitzter Desinformation und von Falschbehauptungen ein so großes Problem ist, hat Facebook  international externe Faktenchecker organisiert, die zweifelhafte Artikel markieren können (in Deutschland ist das zum Beispiel Correctiv). Eine Reihe dieser Faktenchecker sind mit der Zusammenarbeit unzufrieden und fühlen sich für Krisen-PR missbraucht,  wie der Guardian in diesem Hintergrundstück schreibt.

Männerdomäne Wikipedia

Dass Wikipedia von männlichen Autoren dominiert wird, ist schon länger bekannt.  Und das spiegelt sich auch in den Personeneinträgen wieder, wie Spiegel Online in einer sehr differenzierten Untersuchung von 330.000 Personenartikeln herausgefunden hat: Nur jeder Fünfte handelt von einer Frau. Interessanterweise ist die Quote bei jüngeren Frauen etwas höher und nimmt dann kontinuierlich ab.

CCC positioniert sich gegen Rechts

Der Chaos Communication Congress des Chaos Computer Clubs (CCC) findet in der Netzszene naturgemäß große Beachtung, in diesem Jahr vielleicht noch mehr als sonst. Zum einen, weil mehr als 16.000 Teilnehmer nach Leipzig kamen – so viele wie noch nie zuvor. Zum anderen, weil der 35C3 ein klares Signal gegen Rechts setzte. Optisch mit einer großen Fahne der Antifaschistischen Aktion, inhaltlich mit zahlreichen Talks mit antirassistischer, feministischer und sozialer Ausrichtung, wie Markus Reuter in seinem Kongressrückblick auf Netzpolitik.org schreibt.

Welche Themen auf Twitter und Google gefragt waren

Schließen wir diesen Monatsrückblick mit einem Jahresrückblick. Die deutschen Twitter-Nutzer twitterten vor allem zu folgenden Hashtags: #wirsindmehr (Gegenbewegung gegen die fremdenfeindlichen Demos in Chemnitz), #metoo (sexuelle Belästigung von Frauen) und #ReconquistaInternet (von Jan Böhmermann inszenierte Anti-Troll-Bewegung). Die weiteren Trends hat die Tagesschau zusammengefasst.  Google gibt jedes Jahr die häufigsten Suchanfragen heraus. In Deutschland zählten WM, Mondfinsternis und Jens Büchner zu den meistgesuchten Begriffen, die Welt ordnet das Ranking ein bisschen ein.

Das war der Netzwelt-Rückblick für Dezember, bis zum nächsten Mal!

Dieser Eintrag wurde veröffentlicht in: JOURNALISMUS & NETZ, NEU
  • Über Bernd Oswald

    Bernd Oswald, Jahrgang 1974, ist Autor und Trainer für digitalen Journalismus. Mich fasziniert es, wie die Digitalisierung (nicht nur) den Journalismus verändert: mehr Quellen, mehr Transparenz, mehr Interaktion, ganz neue Möglichkeiten des Geschichtenerzählens, vor allem visuell und mit Daten. Über diese Phänomene schreibe, blogge, twittere und lehre ich seit 2009.

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